LSD auf Rezept?

 

 

LSD – diese Abkürzung ist weltweit bekannt. Einige denken hier vielleicht an psychedelische Musik, Woodstock und bewusstseinserweiternde Trips hinein in Alice’s Rabbit Hole. Anderen kommt der Gedanke an zwielichtigen Drogenkonsum und halluzinogene Horrortrips. Seltener denkt man dabei vermutlich an brandaktuelle Studien aus der neuropsycho-pharmakologischen Forschung, die Versuchsteilnehmer:innen LSD verabreichen, um dessen Effekte zu erforschen. Oder gar an ärztliche Psychotherapeut:innen, die ihren Patient:innen LSD verschreiben mit der Hoffnung auf eine unterstützende Wirkung im Rahmen der Behandlung.

 

I think LSD changes everybody. It certainly makes you look at things differently. It makes you look at yourself and your feelings and emotions“, soll Ringo Starr von den Beatles gesagt haben.[1] Mal sehen, was die Forscher:innen dazu sagen.

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Foto von Mike von Pexels

 

Der folgende Beitrag soll einen Einblick in die Geschichte und die Erforschung von LSD geben, eine Studie zu den Effekten von geringen LSD-Dosen vorstellen und die Herausforderungen der zukünftigen LSD-Forschung beleuchten.

LSD – Was ist das eigentlich genau?

LSD - kurz für Lysergsäurediethylamid, auch Acid genannt - ist ein Halluzinogen und gilt als psychedelische Droge. Schlägt man das Wort psychedelisch im Duden nach, so bedeutet dies, dass dadurch das Bewusstsein verändert und ein euphorischer oder tranceartiger Gemütszustand hervorgerufen wird. Eine wirkungsstarke Dosis, wie Ringo Starr sie wahrscheinlich genommen hätte, beinhaltet 100 bis 200 Mikrogramm (µg) LSD.[0] Diese Dosis kann dann auch die mehr oder weniger bekannten Effekte mit sich ziehen: visuelle, emotionale und kognitive Veränderungen, Synästhesien (Verbindung verschiedener Sinne, z.B. Farbe und Temperatur in “kühles Blau”), Derealisationen und Auflösung der Ich-Grenzen.[2] Eine Mikrodosis beträgt circa 1/10 einer vollen Dosis, wodurch Alltagsaktivitäten in der Regel nicht beeinträchtigt werden.[0] Laut dem Drogenaufklärungs-Projekt “mindzone – sauber drauf!” ist neben der Dosis die Wirkung von verschiedenen individuellen sowie Umgebungsfaktoren abhängig und kann durchaus in einem sogenannten Horrortrip enden.[3] Das bedeutet laut ICD-10, dass der akute Rausch sehr negativ erlebt und von starken Angstzuständen begleitet wird.[4]

Zurück zum Ursprung – Wie lautet die Geschichte von Lysergsäurediethylamid?

 

1938

Zufällige Entdeckung von LSD durch den Schweizer Chemiker Albert Hofmann auf der Suche nach einem Kreislaufstimulans,[5][6] wirkte jedoch nicht kreislaufstimulierend und wurde daher bis 1943 erst einmal verworfen.

 

19. April 1943

Hofmanns Wiederaufnahme der Untersuchung von LSD
- Selbstversuch mit 250 µg:

17 Uhr: Hofmann bemerkt intensive Wirkung: „Beginnender Schwindel, Angstgefühl. Sehstörungen. Lähmungen, Lachreiz”[5]
Danach: begibt er sich mit dem Fahrrad auf den Heimweg, wo er die psychoaktiven Eigenschaften der Substanz durch starke Wahrnehmungsverzerrungen zu spüren bekommt
Zuhause verkennt er seine Nachbarin als “bösartige, heimtückische Hexe mit einer farbigen Fratze”[5]

 

 

Der Jahrestag dieses Horror-Fahrrad-Trips wird von Anhänger:innen der Droge als Bicycle Day gefeiert – und wirft bis heute noch bei einigen Queen-Fans die Frage auf, ob Freddie Mercury im Song Bicycle Race tatsächlich seine Liebe zu Fahrrädern zum Ausdruck bringt oder nicht doch auf die von Hofmann zufällig entwickelte psychedelische Droge anspielt.

 

 

1950/1960er Wichtige Erkenntnisse

In der frühen psychologischen bzw. psychiatrischen Forschung wurde LSD durchaus als Ergänzung zur Psychotherapie bei Depressionen oder Angststörungen genutzt, sowie als Mittel von Psychiater:innen gesehen, um sich in die Welt von psychotischen Patient:innen hineinzuversetzen.[7] Diese Erkenntnisse wurden häufig untersucht und führten unter anderem dazu, dass man zum ersten Mal davon ausging, dass psychische Störungen durch chemische Vorgänge im Gehirn ausgelöst werden können.[8]

 

1966 Verbot in den USA

Als Konsequenz des unkontrollierten Privatgebrauchs von LSD wurde es durch den Druck der politischen Behörden in den USA verboten und so kam zunächst auch die neurowissenschaftliche Forschung zum Erliegen.[7]

 

1990

Langsam wieder steigendes Interesse an der Erforschung psychoaktiver Substanzen, experimentelle Studien über Psilocybin und DMT, auch bekannt als Magic Mushrooms und Ayahuasca.[9][10][11]


What about the brain? – Effekt von LSD auf das Gehirn

* Wie genau die Reizübertragung an der Synapse funktioniert, kann hier nachgeschaut werden.

Stand der Dinge – Was sagt die aktuelle Forschung?

In einer erst kürzlich veröffentlichten Studie von Hutten und Kolleg:innen wurde der Einfluss von Microdosing mit LSD auf die Stimmung und Kognition gesunder Proband:innen untersucht. Vor Beginn der Studie lagen zwar einzelne individuelle Berichte zu positiven Effekten auf das Wohlbefinden vor, doch diese Ergebnisse sind nur schwer auf die Allgemeinheit zu übertragen, da zum Beispiel unterschiedliche Dosen in verschiedenen Kontexten eingenommen wurden. Daher nutzten die Forscher:innen für die vorliegende Studie ein so genanntes doppelblindes Placebo-kontrolliertes Untersuchungsdesign – also einen Versuchsaufbau, bei dem weder die Proband:innen noch die Versuchsleiter:innen wissen, ob gerade ein Placebo oder eine tatsächliche Dosis LSD verabreicht wird. Dieses Verfahren sorgt dafür, dass Versuchspersonen nicht von typischen LSD-Effekten berichten, nur weil sie Kenntnis über ihren LSD-Konsum haben und somit eine bestimmte Wirkung erwarten. Um zusätzlich Rückschlüsse auf interindividuell unterschiedliche Reaktionen auf die jeweilige LSD-Dosis zu ermöglichen, nahmen im Laufe der Untersuchungen sämtliche Proband:innen an allen Versuchsbedingungen teil. Im Fokus der Studie standen drei zentrale Fragestellungen:

  1. Welche LSD-Dosis wird minimal benötigt, um die Stimmung und Kognition zu beeinflussen?
  2. Inwiefern verändern sich die Stimmung und Kognition der Versuchspersonen?
  3. Liegen interindividuelle Unterschiede in der Reaktion auf LSD vor?
So oder so ähnlich hätte die Studienausschreibung aussehen können. Hintergrundgrafik von Anni Roenkae von Pexels

 

An der Studie nahmen insgesamt jeweils zwölf gesunde Frauen und Männer im durchschnittlichen Alter von 22,8 Jahren teil. Um zu untersuchen, inwiefern sich die Stimmung und die Kognition nach LSD-Konsum verändert, wurden verschiedene kognitive Aufgaben und Fragebögen zur subjektiven Wahrnehmung kombiniert, welche die Teilnehmer:innen wiederholt bearbeitet haben. Zur Einschätzung der Kognition wurden drei verschiedene, in der psychologischen Forschung etablierte Aufgaben ausgewählt, die unterschiedliche Aspekte kognitiver Verarbeitung abbilden. Dazu gehörte unter anderem die Einschätzung der Aufmerksamkeit und der Informationsverarbeitungsleistung, sowie das Ausmaß an gegenwärtiger kognitiver Kontrolle. Um weiterhin feststellen zu können, welchen Einfluss LSD auf die individuell wahrgenommene Stimmung hat, wurden den Versuchsteilnehmer:innen verschiedene Fragebögen zur Beantwortung vorgelegt. Dazu gehörte die Erfassung der aktuellen Stimmung, beispielsweise das Ausmaß an Erregung oder freundlicher Stimmung, aber auch die subjektive Einschätzung der Proband:innen inwiefern sie sich durch die Droge beeinflusst fühlen anhand von Aussagen wie “I am feeling high”. Zudem wurde erfasst, ob eine Veränderung der Wahrnehmung des eigenen Ichs bemerkt wurde. Um ausschließen zu können, ob die Schlafqualität und -quantität der vorausgegangenen Nacht für eine veränderte Stimmung verantwortlich war, bearbeiteten alle Teilnehmer:innen die Groninger Sleep Scale (GSS). Insgesamt sind alle Versuchsteilnehmer:innen an vier unterschiedlichen Tagen zu Testungen erschienen, die jeweils mindestens fünf Tage auseinander lagen, um Übertragungseffekte von einem Versuchstag auf einen folgenden zu vermeiden. Jeder dieser Versuchstage begann mit einem kurzen Drogenscreening. Die Proband:innen erhielten eine von vier möglichen Dosen: 0 (Placebo-Dosis), 5, 10 oder 20 µg LSD. Nach Verabreichung der Dosis verbrachten die Teilnehmer:innen sechs Stunden in einem ruhigen Raum mit einem Fenster und haben im Abstand von 30 Minuten Angaben zu ihrer Stimmung gemacht, kognitive Aufgaben bearbeitet und eine Blutprobe abgegeben. Diese Blutproben dienten zur Kontrolle, um die tatsächliche Konzentration von LSD im Blutplasma zu dokumentieren.

Und nun – Welche Effekte hatten geringe Dosen LSD?

In einer statistischen Analyse der erhobenen Daten wurden die Angaben aller Proband:innen nicht nur untereinander verglichen, sondern vor allem auch die Veränderung der Stimmung und Kognition bei Dosissteigerung innerhalb der einzelnen Personen analysiert. Es zeigte sich, dass sich Versuchsteilnehmer:innen bei erhöhter LSD-Dosis auch signifikant durch die Droge beeinflusst fühlten. Das spricht dafür, dass Mikrodosierungen von LSD grundsätzlich eine Wirkung zeigen, die über einen Placebo-Effekt hinaus gehen. Weiterhin wurden die Effekte auf Kognition und Stimmung analysiert: Die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit als ein Aspekt der Kognition war bei einer Dosis von 20 µg im Vergleich zur Placebo-Bedingung signifikant verringert, während die Genauigkeit nicht eingeschränkt wurde. Die kognitive Kontrolle der Teilnehmer:innen wurde durch den LSD-Konsum nicht herabgesetzt und bei Teilen der Proband:innen zeigte sich eine leichte Steigerung der Aufmerksamkeit. Eine Auswertung zur Stimmungsveränderung ergab keine eindeutigen Ergebnisse: Grundsätzlich konnte kein spezifischer Effekt einer Mikrodosis LSD auf die Stimmung aller Versuchsteilnehmenden gefunden werden. Nicht jede:r konnte also beispielsweise eine spezifische oder gar eine vergleichbare Veränderung der eigenen Stimmung feststellen. Zudem löste eine Erhöhung der Dosis nicht zwingend eine Verstärkung des jeweiligen individuellen Effekts aus. Dennoch konnten bei einer Analyse der interindividuellen Unterschiede grundlegende Tendenzen erkannt werden, die sich bei der Mehrheit der Teilnehmer:innen zeigten. Dazu gehörten eine leicht erhöhte Freundlichkeit, sowie positive Stimmung und Erregung. Zusätzlich nahmen Ängstlichkeit und Verwirrung ebenfalls leicht zu. Negative Gefühlsregungen wie Wut und Depression, aber auch empfundene Konzentration und Produktivität nahmen bei einigen Proband:innen hingegen etwas ab. Gleichzeitig wurde deutlich, dass hinsichtlich der unterschiedlichen Facetten von Stimmung einige Proband:innen auch keine oder gegenteilige Effekte erlebt haben. Diese interindividuellen Unterschiede zeigen eindrücklich, dass LSD-Dosierungen eine jeweils unterschiedliche Wirkung auf Personen haben können.

Hast Du denn Erfahrung mit dem Konsum von LSD?

 

 

Für die Zukunft – Was bedeutet das für Wissenschaft, Politik und Praxis?

Die junge Studie, die wir euch in diesem Beitrag vorgestellt haben, ist eine der ersten, die individuelle Unterschiede in der Wirkung von geringen LSD-Dosen auf Kognition und Stimmung aufzeigen konnte. Gleichwohl sich eine solche Untersuchung als innovativ bezeichnen lässt, ist es – wie im wissenschaftlichen Diskurs üblich – auch hier wichtig, offene Kritik an der Studie zu üben, auch um daraus für nachfolgende Studien zu lernen. Beginnen wir mit der Stichprobe: Die geringe Anzahl an Studienteilnehmer:innen ist für eine Untersuchung wie die vorliegende zwar nicht unüblich, allerdings waren diese durchschnittlich sehr jung, hatten alle einen hohen Bildungsstand und auch bereits Konsumerfahrungen mit Psychedelika. Da die Autor:innen ihre Untersuchung in einem möglichen therapeutischen Potenzial begründen, würde eine heterogenere Stichprobe diesem Untersuchungszweck eher gerecht werden. Auch hinsichtlich des Studiendesigns lassen sich Kritikpunkte finden: Die Autor:innen berichten, drei Kognitionsaufgaben für ihre Untersuchung verwendet zu haben. Diese sind zwar etabliert, decken aber nur ganz bestimmte Teilbereiche der Kognition ab. Die zentralen Fragestellungen waren aber so allgemein gefasst, dass die erfolgte Ergebnisinterpretation doch an Aussagekraft einbüßen muss. Hier hätten sich gegebenenfalls umfassendere und, im Vergleich zur subjektiven Einschätzung der Proband:innen, passendere Aufgaben angeboten. Darüber hinaus hätte eine genauere Untersuchung der LSD-Konzentration im Blutplasma als mögliche Ursache potenziell genauere Erkenntnisse über die individuellen Wirkungsunterschiede liefern können. Besonders kritisch zu bewerten sind zwei Punkte: Die Autor:innen konnten zwar aufzeigen, dass sich bei einem Teil der Stichprobe positive Stimmungen durch den LSD-Konsum verstärkten; dass sich dies aber auch bei negativen Stimmungen, wie beispielsweise der Ängstlichkeit, zeigte, werteten die Autor:innen nicht hinreichend kritisch. Hier wurde eine differenzierte Diskussion entsprechend vernachlässigt. Wünschenswert wäre auch eine kritische Auseinandersetzung mit möglichen Langzeitfolgen des Microdosings gewesen. Zusammenfassend lässt sich entsprechend sagen, dass es in einer solche Studie – auch wenn sie vor dem Hintergrund durchgeführt wird, mögliche Potenziale für Behandlungsansätze aufzuzeigen – notwendig ist, auch mögliche negative Seiten hinreichend zu beleuchten.

Der Erkenntnisgewinn unserer vorgestellten Studie ist trotz der geäußerten Kritik bedeutsam. Nicht zuletzt deshalb, weil die geschichtliche Entwicklung um LSD und dessen Verbot die Forschung über mehrere Jahrzehnte zum Erliegen gebracht hat. Um jedoch grundsätzlich umfangreiche Erkenntnisse über den Einfluss von LSD auf Kognition und Stimmung zu erhalten, sind weitere Studien unabdingbar. Für solche zukünftigen Untersuchungen wäre es entsprechend sinnvoll, größere sowie heterogenere Stichproben heranzuziehen und bestenfalls gesunde Proband:innen mit solchen, die beispielsweise Defizite in der Aufmerksamkeit aufweisen, zu vergleichen. Empfehlenswert wäre auch die Untersuchung der Wirkungsweisen unterschiedlich hoher Dosen auf interindividuelle Unterschiede sowie langfristig angelegte Untersuchungen. Empfehlungen für die zukünftige Forschung sind aber nur – wenn überhaupt – die halbe Miete, denn ab hier wird es bei diesem Thema doch sehr komplex: Die öffentliche Wahrnehmung von LSD in der breiten Gesellschaft, besonders in der Funktion der Behandlungsmöglichkeit in psychotherapeutischen Settings, ist überaus bedeutsam für die Forschung. Um eine erhöhte Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erzielen, bräuchte es mehr sowie fundiertere Forschungsergebnisse. Forschung kostet aber, weshalb politische sowie wirtschaftliche Entscheidungsträger:innen Forschungsgelder bereitstellen müssten. Forschungsgelder werden wiederum ungern bereitgestellt, wenn dem kein gesellschaftliches Bedürfnis vorausgeht und besonders hinderlich sind da nicht zuletzt die gesetzlichen Einschränkungen. Damit stehen wir mit einer in juristischem Verbot begründeten mangelnden Akzeptanz in der breiten Gesellschaft wieder am Anfang. Ungeachtet dieser komplexen Verkettung an möglichen Hindernissen, ist es unabdingbar, dass die Forschung qualitativ hochwertige wissenschaftliche Untersuchungen durchführt. So haben Studienergebnisse dann mehr Aussagekraft hinsichtlich des Potenzials von LSD-gestützten Psychotherapien.

Solche Substanz-unterstützten Psychotherapien (SPT) (auch: Psycholytische Therapien), versprechen sich durch den Einsatz von Substanzen wie LSD eine Unterstützungsfunktion in der Behandlung.[15] Würde uns mehr Verständnis für die Art und Weise der Wirkung einer Substanz wie LSD durch Forschung ermöglicht werden, könnte dies zum einen die gesellschaftlich-politische Kontroverse mildern und zum anderen eine verantwortliche und begründbare Therapie ermöglichen: So ist bis heute eine körperliche Abhängigkeit nicht bekannt und auch das Potenzial einer psychischen Abhängigkeit ist aufgrund einer schnellen Toleranzentwicklung gering.[16] Benötigt werden jedoch weiterhin Überprüfungen hinsichtlich der Wirksamkeit sowie Sicherheit einer psychotherapeutischen Anwendung, um verlässliche Aussagen über das therapeutische Potenzial von LSD zu erhalten. Dies beinhaltet zweckgebunden entsprechend auch eine vertiefende Erforschung der neurobiologischen Wirkmechanismen.[17] Klar muss sein, dass LSD nicht als Allzweckwaffe zur Behandlung psychischer Erkrankungen eingesetzt werden kann und sollte. Gleichwohl kann und sollte eine SPT mithilfe von LSD zumindest in Betracht gezogen werden, da diese Methode eben das Potenzial birgt, psychotherapeutische Behandlungsansätze durch die bewusstseinsverändernde Eigenschaft von LSD zu unterstützen.[15] Seit wenigen Jahren erfährt die Thematik zunehmend mehr Aufmerksamkeit. In der Schweiz wurden bislang offiziell zugelassene LSD-gestützten Psychotherapien bei einigen wenigen Patient:innen durchgeführt.[7] In Deutschland gilt LSD nach dem Betäubungsmittelgesetz als „nicht verkehrsfähig“,[18] weshalb die rechtliche Lage in der therapeutischen Anwendbarkeit hinreichend paradox scheint: Die Substanz-unterstützte Therapie als solche ist zwar nicht illegal, ein:e ärztliche:r Psychotherapeut:in handelt aber rechtswidrig, wenn eine solche Substanz im therapeutischen Setting eingesetzt würde.[19] Für die Zukunft können wir entsprechend nur gespannt sein, ob sich eine Substanz-unterstützte Psychotherapie – also, LSD auf Rezept – in Deutschland noch etablieren kann.

LSD auf Rezept? Wie stehst Du dazu?

Die Umfrage gibt euch eine Rückmeldung zur insgesamten Meinungsverteilung. In den Kommentaren könnt ihr eure Antwort gerne begründen und in einen Diskurs gehen: Welchen Nutzen könnt ihr erkennen? Welche Risiken könnten bestehen? Was ist möglicherweise unberücksichtigt geblieben?

 

 

Hauptreferenz

[0] Hutten, N. R. P. W., Mason, N. L. & Dolder, P. C., et al. (2020). Mood and cognition after administration of low LSD doses in healthy volunteers: A placebo controlled dose-effect finding study. European Neuropsychopharmacology, 41, 81-91. https://doi.org/10.1016/j.euroneuro.2020.10.002

Referenzen

[1] Marks, M. (2009, 27. August). The Beatles On Marijuana & LSD (In Their Own Words). Verfügbar unter http://web.archive.org/web/20140304064113/http://www.musicbyday.com/the-beatles-on-marijuana-lsd-in-their-own-words/585/ (25.11.2020)

[2] Schmid, Y., Enzler, F., Gasser, P., Grouzmann, E., Preller, K. H., Vollenweider, F. X., Brenneisen, R., Müller, F., Borgwardt, S. & Liechti, M. E. (2015). Acute Effects of Lysergic Acid Diethylamide in Healthy Subjects. Biological Psychiatry, 78(8), 544–553. https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2014.11.015

[3] sauberdrauf! mindzone e.V. München. (2020, 7. Oktober). LSD. Verfügbar unter https://mindzone.info/drogen/lsd/ (25.11.202)

[4] DIMDI. (2015, 17. Juli). ICD-10-WHO Version Version 2016. Verfügbar unter https://web.archive.org/web/20170812065741/http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2016/block-f10-f19.htm (25.11.2020)

[5] Hofmann, A. (1982). LSD - Mein Sorgenkind. München: Ullstein.

[6] Müller, F. & Borgwardt, S. (2019). Acute effects of lysergic acid diethylamide (LSD) on resting brain function. Swiss Medical Weekly, 149(3940), 39-40. https://doi.org/10.4414/smw.2019.20124

[7] Liechti, M. E. (2017). Modern Clinical Research on LSD. Neuropsychopharmacology, 42(11), 2114-2127. https://doi.org/10.1038/npp.2017.86

[8] Nichols, D. E. (2016). Psychedelics. Pharmacological Reviews, 68(2), 264-355. https://doi.org/10.1124/pr.115.011478

[9] Gouzoulis-Mayfrank, E., Heekeren, K., Neukirch, A., Stoll, M., Stock, C., Obradovic, M. & Kovar, K.-A. (2005). Psychological Effects of (S)-Ketamine and N, N-Dimethyltryptamine (DMT): A Double-Blind, Cross-Over Study in Healthy Volunteers. Pharmacopsychiatry, 38(6), 301-311. https://doi.org/10.1055/s-2005-916185

[10] Strassman, R. J., Qualls, C. R., Uhlenhuth, E. H. & Kellner, R. (1994). Dose-Response Study of N, N-Dimethyltryptamine in Humans. Archives of General Psychiatry, 51(2), 98-108. https://doi.org/10.1001/archpsyc.1994.03950020022002

[11] Strassman, R. J. & Qualls, C. R. (1994). Dose-Response Study of N,N-Dimethyltryptamine in Humans. Archives of General Psychiatry, 51(2), 85-97. https://doi.org/10.1001/archpsyc.1994.03950020009001

[12] Deco, G., Cruzat, J., Cabral, J., Knudsen, G. M., Carhart-Harris, R. L., Whybrow, P. C., Logothetis, M. L. & Kringelbach, M. L. (2018). Whole-brain multimodal neuroimaging model using serotonin receptor maps explains non-linear functional effects of LSD. Current biology, 28(19), 3065-3074. https://doi.org/10.1016/j.cub.2018.07.083

[13] Müller, F., & Borgwardt, S. (2019). Acute effects of lysergic acid diethylamide (LSD) on resting brain function. Swiss Medical Weekly, 149(3940), 39-40. https://doi.org/10.4414/smw.2019.20124

[14] Smith, S. M., Fox, P. T., Miller, K. L., Glahn, D. C., Fox, P. M., Mackay, C. E., Filippini, N., Watkins, K. E., Toro, R., Laird, A. R. & Beckmann, C. F. (2009). Correspondence of the brain's functional architecture during activation and rest. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 106(31), 13040-13045. https://doi.org/10.1073/pnas.0905267106

[15] Jungaberle, H., Gasser, P., Weinhold, J. & Verres, R. (2008). Die Professionalisierung Substanz-unterstützter Psychotherapie (SPT). In: H. Jungaberle, P. Gasser & R. Verres (Hrsg.) Therapie mit psychoaktiven Substanzen. Praxis und Kritik der Psychotherapie mit LSD, Psilocybin und MDMA (S. 21-40). Bern: Verlag Hans Huber/Hogrefe Verlagsgruppe.

[16] Rommelspacher, H. (1999). Amphetamine und Entaktogene. In: M. Gastpar, K. Mann & H. Rommelspacher (Hrsg.). Lehrbuch der Suchterkrankungen (S. 228-232). Stuttgart, New York: Thieme.

[17] Gasser, P. (2008). Qualitätssicherung, Ausbildung, Supervision, berufspolitische Organisation und Ethik der Substanz-unterstützten Psychotherapie (SPT). In: H. Jungaberle, P. Gasser & R. Verres (Hrsg.) Therapie mit psychoaktiven Substanzen. Praxis und Kritik der Psychotherapie mit LSD, Psilocybin und MDMA (S. 351-362). Bern: Verlag Hans Huber/Hogrefe Verlagsgruppe.

[18] Buzer.de. Betäubungsmittelgesetz (BtMG) – Anlage I (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel. Verfügbar unter https://www.buzer.de/gesetz/631/a8072.htm [25.11.2020] [19] Ärztekammer aktuell. (2009). Warnung vor der Einnahme von Drogen im Rahmen der Psychotherapie. Verfügbar unter https://www.berliner-aerzte.net/pdf/bae0911_012.pdf [25.11.2020]